Patientenbezogene Aktivitäten von Unternehmen
Bei seltenen Erkrankungen sind Therapien nicht für den Massenmarkt bestimmt, sondern zielen auf einen vergleichsweise kleinen Personenkreis. Damit wird für Unternehmen der Kontakt zu Patienten interessant: Die genaue Kenntnis der spezifischen Patientenbedürfnisse kann in die Therapieentwicklung einfließen und führt zu einem Wettbewerbsvorteil. Auch bei Morbus Pompe pflegen die Unternehmen Kontakte zu Patientenorganisationen, aber auch zu einzelnen Patienten. Die einschlägigen (zum Teil länderspezifischen) gesetzlichen Regelungen und die Selbstverpflichtungen der Industrie führen zu einer Gratwanderung, bei der die Selbstbestimmung der Patienten und die Unabhängigkeit der Patientenorganisationen gegen die Interessen der Unternehmen abgewogen werden müssen. Das klassische Modell, bei dem die exklusive Arzt-Patient-Beziehung als besonders schützenswert gilt, scheint überholt, vor allem in den USA, wo die Industrie massive Unterstützungsarbeit für einzelne Patienten leistet, zum Beispiel bei der Durchsetzung von Versicherungsleistungen.
Es ist also nicht verwunderlich, auf den einschlägigen Unternehmenswebseiten auch einen Menüpunkt zu finden, der sich dem Verhältnis des Unternehmens zu den Patienten widmet: Viele Unternehmen haben eigene Teams, die sich um die Vertretung von Patienteninteressen kümmern (Advocacy), außerdem unterhalten einige Unternehmen Beratungsgremien/Patientenbeiräte (Patient Advisory Board), die mit einzelnen Betroffenen und/oder Vertretern von Patientenorganisationen besetzt sind. Zum Teil unterhalten Unternehmen auch eigene Websites zum Thema Patient Advocacy und zur weitergehenden Unterstützung von Patienten und Patientenorganisationen.
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Die hohe Relevanz der Patient Advisory Boards (PABs) ist aus dem Fachartikel Insights and Best Practices for Planning and Implementing Patient Advisory Boards (Annick Anderson et al., Therapeutic Innovation & Regulatory Science 2017) ersichtlich, der einen Einblick in die (für Unternehmen) empfohlene Arbeitsweise und Zielsetzung von PABs gibt.
Diskussion
Das Interesse der Industrie an direktem Feedback aus der Patientencommunity ist unbestreitbar. Die Vielzahl existierender Regelungen und Selbstverpflichtungen auf Selbsthilfe- und Industrieseite unterstreicht aber auch, dass damit ein sensibles Terrain betreten wird. Die Unternehmen sollten sich fragen, ob die von mehr oder weniger willkürlich ausgewählten Betroffenen erlangten Informationen bei aller Authentizität auch repräsentativ sind. Aus Selbsthilfesicht sollte der Informationsaustausch bevorzugt mit Selbsthilfeorganisationen erfolgen, sofern diese auf nationaler und internationaler Ebene existieren und handlungsfähig sind - was für M. Pompe mit Pompe Deutschland e.V. und der International Pompe Association (IPA) sicher der Fall ist. Auf der anderen Seite kann es nicht sein, dass Selbsthilfeorganisationen einen unverhältnismäßig hohen Teil ihrer (zumeist ehrenamtlich aufgewendete) Zeit für die Sitzungen von Beratungsgremien der immer zahlreicher werdenden Unternehmen einsetzen statt für die eigene und eigentliche Selbsthilfearbeit. Zudem ist die Gefahr der Einflussnahme von Unternehmen auf die Selbsthilfearbeit nicht von der Hand zu weisen.
Pompe Deutschland e.V. steht den Advocacy- und Advisory-Aktivitäten von Pharmaunternehmen durchaus kritisch gegenüber und behält sich eine Bewertung im Einzelfall vor. Die eigene Teilnahme an Veranstaltungen und die Mitwirkung in Gremien wird weder kategorisch ausgeschlossen noch grundsätzlich befürwortet; sie folgt vielmehr einer sorgfältigen Abwägung des Aufwands und des Nutzens für die Selbsthilfearbeit.
Weitere Informationen
sind im Internet verfügbar; verwenden Sie die Unternehmensnamen und die Suchbegriffe Advocacy und Advisory für die eigene Recherche. Wir verlinken nicht auf Unternehmenswebseiten, weil dies steuerlich als aktive Werbung für das verlinkte Unternehmen ausgelegt werden könnte, was wiederum die Gemeinnützigkeit des Vereins gefährden würde.
Hinweis: Dieser Beitrag dient der Information und nicht der Werbung. Durch die Nennung eines Unternehmens machen wir uns nicht automatisch Produkte, Therapien und Aussagen des Unternehmens zu eigen. Für Fragen der medizinischen Versorgung sollten die behandelnden Ärzte konsultiert werden.
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