Pompe Deutschland e.V.

Gemeinsam mehr erreichen

Verlaufsformen

Der Verlauf von Morbus Pompe ist bei jedem Betroffenen unterschiedlich. Selbst wenn bei zwei Betroffenen identische Mutationen vorliegen, ist keine individuelle Verlaufsprognose möglich. Zu viele, zum Teil kaum erforschte Einflussfaktoren beeinflussen neben dem Mangel oder der eingeschränkten Aktivität des Enzyms (Alpha-Glukosidase) den Krankheitsverlauf. Im Englischen spricht man von Pompe als "spectrum disease", einer Krankheit mit einem breiten klinischen Spektrum.

Früher unterschied man zwischen infantiler, juveniler und adulter Verlaufsform, die sich an den Hauptsymptomen und am Alter des Betroffenen beim ersten Auftreten der Symptome orientieren und zumeist mit der Enzymaktivität korrelieren.

  • Infantile Verlaufsform:
    Erste Symptome im ersten Lebensjahr, keine oder fast keine Enzymaktivität, Herzmuskelbeteiligung, schnelle Progression und (unbehandelt) Tod in den ersten beiden Lebensjahren durch Herz- und Atemversagen
  • Juvenile Verlaufsform:
    Erste Symptome in Kindheit und Jugend, deutlich reduzierte, aber vorhandene Enzymaktivität, keine Herzmuskelbeteiligung, variable Progression
  • Adulte Verlaufsform:
    Erste Symptome im Erwachsenenalter, Enzymaktivität unter ca. 30%, sonst wie juvenile Verlaufsform

Allen Verlaufsformen gemeinsam ist eine Muskelschwäche, die unbehandelt über kurz oder lang zu Rollstuhl- und Beatmungspflichtigkeit führt. Zwischen den Verlaufsformen besteht ein fließender Übergang, so dass eine genaue Klassifizierung nicht immer möglich ist.

In neuerer Zeit unterscheidet man häufig

  • die klassisch-infantile Verlaufsform, bei der weniger als 1% Restaktivität des Enzyms vorliegt (sog. negativer CRIM-Status1),
  • die späte Verlaufsform, die alle Formen der Krankheit im Kinder-, Jugendlichen- und Erwachsenenalter umfasst.

Manchmal wird noch der Begriff "nicht-klassische frühe Verlaufsform" verwendet, um Kinder von den schwerstbetroffenen "klassisch-infantilen" Kindern und den Erwachsenen abzugrenzen.

Eine weitere Unterscheidung kann nach den vorliegenden Genmutationen vorgenommen werden, wobei unterschiedliche Kombinationen der Mutationen mit unterschiedlichen Verläufen der Krankheit einhergehen (Genotyp-Phänotyp-Korrelation).

Die Klassifizierung der Verlaufsformen ist immer wieder Gegenstand von Diskussionen und wird in der Literatur nicht einheitlich gehandhabt. Also wird man auch gegen die hier beschriebenen Versuche der Klassifizierung Einwände vorbringen können. Am Ende kommt es nicht auf die Klassifizierung an, sondern auf das Wissen über die Ursachen und Zusammenhänge der Krankheit, und vor allem auf die therapeutischen Optionen für die Betroffenen.

Literatur

  • A. J. J. Reuser et al.
    Glycogenosis type II (acid maltase deficiency)
    Muscle & Nerve 18, Supplement 14, S61–S69 (1995)
    Eine der ersten Übersichtspublikationen zu M. Pompe, unter anderem mit Abbildungen zum clinical spectrum of Pompe’s disease, zur correlation between clinical phenotype and residual α-glucosidase activity und mit einem Ausblick auf die Herausforderungen bei der Entwicklung der Enzymersatztherapie.
  • Ans T van der Ploeg, Arnold J J Reuser
    Pompe’s disease
    Lancet 372, 1342–53 (2008)
    Groß angelegter Artikel über das klinische Spektrum von M. Pompe und den Weg zur Enzymersatztherapie.
  • M. Kroos et al.
    The genotype–phenotype correlation in Pompe disease
    Am J Med Genet Part C Semin Med Genet 160C:59–68 (2012)
    Sehr gründliche Arbeit über Zusammenhänge zwischen Genotyp, Enzymaktivität und klinischem Verlauf, basierend auf Daten aus dem Pompe Survey der Erasmus-Universität Rotterdam.
  • Justin Chan, Ankit K. Desai, Zoheb B. Kazi, Kaitlyn Corey, Stephanie Austin, Lisa D. Hobson-Webb, Laura E. Case, Harrison N. Jones, Priya S. Kishnani
    The emerging phenotype of late-onset Pompe disease: A systematic literature review
    Molecular Genetics and Metabolism, Volume 120, Issue 3, 2017, Pages 163-172
    Der natürliche Verlauf der späten Verlaufsform von M. Pompe hat sich seit der Zulassung der Enzymersatztherapie im Jahr 2006 durch die therapeutischen Erfolge und die daraus resultierende Verlängerung der Lebenserwartung stark verändert. Die Autoren beschreiben auf Basis einer ausführlichen Litaraturrecherche die wesentlichen (und vielfältigen) Symptome der Erkrankung und deren multisystemischen Charakter.

1 CRIM = Cross-Reactive Immunologic Material

Ausgewählte wissenschaftliche Publikationen

Zum Weiterlesen: Kategorie Publikationen in den Weblinks

Geschichte des M. Pompe

1932
Erstbeschreibung durch den niederländischen Arzt Joannes Cassanius Pompe (1901-1945) an einem 7 Monate alten Kind

1954
Definition als Glykogenspeicherkrankheit durch Gerty T. Cori (1896-1957)

1963
Beschreibung des Zusammenhangs zwischen genetisch bedingtem Enzymmangel in Lysosomen und M. Pompe durch Henri-Géry Hers (1923-2008)

1979
Entdeckung des für M. Pompe verantwortlichen Gendefekts

1999
Erste klinische Studien

2006
Zulassung der ersten Enzymersatztherapie in USA/EU. Substanz: Alglucosidase alpha.

2021/2022
Zulassung einer weiteren Enzymersatztherapie in USA/EU. Substanz: Avalglucosidase alpha.

Quellen

Sind Sie schon Mitglied?
Mit nur 11 Cent pro Tag (Jahresbeitrag 40 Euro) unterstützen Sie die Arbeit von Pompe Deutschland e.V. und werden Teil einer starken Solidargemeinschaft. Bei wirtschaftlicher Hilfsbedürftigkeit gilt ein reduzierter Mitgliedsbeitrag. Mitglied werden...
Sie haben M. Pompe und möchten benachrichtigt werden, wenn es spezielle Informationen oder Angebote für Betroffene gibt?
Dann lassen Sie sich in unsere Kontaktdatenbank aufnehmen. E-Mail senden (Klick öffnet E-Mail in Ihrem Standard-Mailprogramm) oder Kontaktbogen direkt herunterladen. Achtung: Mitglieder brauchen keinen Kontaktbogen abzugeben; sie werden sowieso informiert und erhalten einen speziellen Statistikbogen.

Pompe-Hotline

Telefon 06028/1239997 (Thomas Schwagenscheidt)

Montag bis Freitag von 9-12 Uhr und 15-18 Uhr. Andere Zeiten sind nach vorheriger Absprache möglich.

Bitte nutzen Sie die Pompe-Hotline nur für Pompe-spezifische Fragestellungen und haben Sie Verständnis dafür, dass nur Anfragen von Pompe-Patienten, Krankenkassen, Kliniken und Ärzten beantwortet werden können. Sollte bei Ihnen eine unklare oder noch keine Diagnose gestellt worden sein, wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke (DGM), die Ihnen weiterhelfen wird. Vielen Dank.

Pompe Deutschland ist neutral, bewertet oder empfiehlt keine Produkte und bevorzugt keine Organisationen oder Unternehmen. Unsere Beratung ist vertraulich und ersetzt keinen ärztlichen Rat. Eine Weitergabe persönlicher Daten durch Pompe Deutschland findet nicht statt. Für Fragen der medizinischen Versorgung sollten die behandelnden Ärzte konsultiert werden.

Diese Webseite

Hier finden Sie tagesaktuelle Nachrichten aus der nationalen und internationalen Pompe-Szene:

Wir freuen uns über Beiträge von Betroffenen (Pompe-Erlebnisse, Tipps, Bilder, Testimonials zu unserer Arbeit...). Wir machen aus Ihrem Beitrag eine Nachricht. Und wir sind dankbar für Anregungen und Kritik. Sprechen Sie uns an!

Bleiben Sie dran an aktuellen Pompe-Informationen und lassen sich in unsere Kontaktdatenbank aufnehmen!