Diagnose Pompe. Und nichts ist mehr, wie es war.

Heute vor genau einem Jahr bekam ich meine Diagnose. Nach fast zwanzig Jahren der Unsicherheit wurde aus einem Verdacht ein Wort. Und aus Vermutung ein Fakt. Zwölf Monate sind seitdem vergangen. Eine Zeit, in der es viele schmerzhafte Abschiede gab. Eine Zeit, in der viel verloren ging. Eine Zeit, in der ich einiges loslassen musste. Zum Beispiel die Hoffnung darauf, dass es etwas anderes ist. Etwas, dass leicht in den Griff zu kriegen ist. Eine lange Liste mit Dingen, die man dann machen wird, sollte es eines Tages soweit sein, die nun vermutlich unerledigt bleiben wird. Auch eine Zeit mit vielen dunklen Tagen. In diesem Jahr habe ich die wohl schwersten Stunden meines bisherigen Lebens durchschritten.

Aber auch eine Zeit, in der viel Neues in mein Leben kam. Allen voran die vielen wundervollen Personen, die ganz plötzlich auftauchten und es bunter machten. Darunter auch Menschen, die ganz genau wissen was es wirklich bedeutet jeden Morgen aufzustehen und diesen Kampf zu führen. Menschen, die so wie ich kämpfen müssen, um ein "normales" Leben zu führen. Und je weiter die Zeit voran schreitet, desto mehr Personen bereichern mein Leben. In diesem Jahr habe ich Dankbarkeit und Wertschätzung neu kennengelernt. Ich lernte einmal mehr, das Leben bis ins Letzte auszuleben. Und es in vollen Zügen zu genießen. Ich lerne endlich für mich selbst einzustehen. Egal, was es für Konsequenzen haben kann. Und werde belohnt mit Respekt. In diesem Jahr habe ich wohl auch die intensivsten und schönsten Stunden erlebt. Momente, die ich mir für immer bewahren möchte.

Es gibt kein Mittelmaß in meinem Leben. Es gibt keine Kompromisse, kein bisschen oder vielleicht oder mal versuchen. Keine Zeit mehr zu vergeuden, keine Energie mehr zu verschwenden. Vielleicht gibt es Komplikationen und Steine, die sich in meinen Weg legen. Aber es gibt mehr als genug Liebe, die mich all das ertragen lässt. Und an Tagen, da ich auf dem Heimweg denke, dass es jetzt genug ist... dass ich nicht mehr kann... da warten daheim Dutzende Nachrichten aus aller Welt, die sagen, Du bist nicht allein! Ich bin gesegnet mit einem Leben, dass nicht zulässt, dass ich mich selbst aufgebe. Das nicht zulässt, dass ich aufhöre mich weiterzuentwickeln oder in einer Situation stecken zu bleiben, die mich unglücklich macht. Dieses Leben ist dazu gemacht es zu leben. Intensiv. Und so gut es eben geht. Und ich würde keine Sekunde davon tauschen wollen...

Dank an all die wundervollen Menschen, die mit mir sind.

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Dieser Text wurde am 29. November 2018 von Sandra Schmit auf Facebook gepostet. Wir teilen diesen Text (mit ihrer Erlaubnis) hier, weil er uns teilhaben lässt an den persönlichen Umbrüchen, die die Diagnose Pompe mit sich bringt, und weil er auf bemerkenswerte Weise Mut macht, sich der Diagnose zu stellen. Es ist eben nicht alles zu Ende, es wird "nur" anders. Die Gesundheit mag sich verschlechtern, das Leben muss es nicht. Danke, Sandra!